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ECOPOLIS: Stadt der Zukunft - Regenerative Urbanisierung

Aktualisiert: 1. Apr. 2020

"The greatest threat to our planet is the belief, that someone else will save it." - Robert Swan


Herzlich Willkommen auf RENEWS! An diesem wunderschönen Montag, erwartet dich ein weiteres spannendes Thema das für die Nachhaltigkeit unserer Zukunft entscheidend sein wird. Egal ob im Homeoffice, im Bett oder auch der persönlichen Quarantäne-Zelle, RENEWS bringt Dir die erneuerbaren Infos (fast) überall hin! Deshalb weiterhin nicht nach draußen gehen, sondern von Zuhause aus über vielversprechende Entwicklungen informiert bleiben.


Heute geht es um die ECOPOLIS: Die Stadt der Zukunft. In einem visionären Konzept macht sich Herbert Girardet Gedanken über ökologisch sinnvolle Stadtgestaltung. Ein überaus spannender Themenbereich! Denn: Immer mehr Menschen zieht es in die Städte. Der urbane Ballungsraum wächst tagtäglich. Dabei verbessert sich die Lebenssituation vieler Menschen, aufgrund der zahlreichen Möglichkeiten einer städtischen Umgebung, aber leider wächst gleichzeitig auch der ökologische Fußabdruck. Insgesamt sind Städte eine der größten Dreckschleudern unserer Gesellschaft. Wie man dieses für unseren Planeten gefährliche Problem lösen könnte, und wie Regenerative Urbanisierung aussieht, erfährst Du heute. #greencity #ecopolis #fossilfreefuture


ECOPOLIS

Weltweit ist der Trend klar erkennbar. Die Menschheit verwandelt sich von einer ländlichen, zu eine städtischen Art. Unaufhaltsam wächst die städtische Bevölkerung von Tag zu Tag. Dabei vergrößert sich der Ballungsraum um ein Stadtzentrum und die Bevölkerungsdichte auf dem Land nimmt ab. Diese Entwicklung bezeichnet man im Allgemeinen als Urbanisierung.

Im Verlauf der letzten Jahrzehnte, ist die Verstädterung zu einem weltweiten Trend angewachsen. Warum das so ist, ist jedoch keineswegs verwunderlich. Städte bieten weltweit einen leichteren Zugang zu Jobs, Bildung, Unterhaltung und medizinischer Versorgung, als der ländliche Gegenpart. Als Zentrum von politischer und ökonomischer Macht, wird die Stadt enorm attraktiv. Als Hochburg des Konsums, sowie der sozialen Interaktion, erzeugt die Stadt eine regelrechte Sogwirkung auf den Menschen.

Im Jahre 1800 gab es nur eine Stadt mit einer Million Einwohnern. London. Durch den technologischen Fortschritt der Industrialisierung, gewann die Urbanisierung an Aufschwung. Städte wurden Produktionszentralen und Hauptschauplätze des Lebens. Im Zeitraum von 1900-2017 wuchs die Weltbevölkerung um das 5-Fache von 1,5 Milliarden Menschen, auf 7,5 Milliarden. Währenddessen wuchs die städtische Bevölkerung allerdings um das 18-Fache. So lebten 2017 circa 55% der Weltbevölkerung in Städten. Bis 2030 könnte dieser Anteil sogar auf 60% anwachsen, wie die UN in ihrem Bericht World Urbanization Prospects angibt. Dann würden circa 5 Milliarden menschen in Städten leben. Das entspricht mehr als der 3-fachen Weltbevölkerung im Jahre 1900. Heute gibt es mehr als 300 Städte mit über einer Million Einwohner und sogar 29 Megacitys mit über 10 Million Menschen (UN Habitat, 2016).

Die Bedeutung des städtischen Raums ist nun also klar. In Zukunft werden die Städte weiter wachsen. Ein Rückgang der Urbanisierung ist nicht zu erwarten.


Ökologischer Fußabdruck

Mit jedem zusätzlichen Menschen steigt der ökologische Fußabdruck der Stadt. Auf kleinstem Raum (Städte beanspruchen nur einen kleinen Teil der Landschaftsfläche), entstehen riesige Mengen an Emissionen. Egal ob Abgase bedingt durch Mobilität und Produktion, Müll in Form von Plastikverpackungen oder auch Lebensmittelreste. Der größte Anteil dieser negativen Einflüsse für Natur und Umwelt stammt aus Städten.

Herbert Girardet untersuchte die umweltrelevanten Auswirkungen der Städte genauer. Dabei fand er heraus, dass der ökologische Fußabdruck von London circa dem 125-Fachen der Fläche der Stadt selbst entspricht. London alleine ist damit verantwortlich für etwa genauso viel Umweltbelastung, wie das gesamte restliche England (Herbert Girardet, 1999: Creating Sustainable Cities).

Auch das Beispiel einer durchschnittlichen amerikanischen Stadt ist erschreckend. Geht man davon aus, dass in dieser Durchschnittsstadt circa 650.000 Menschen leben, so benötigt man, bei amerikanischem Lebensstil, eine Fläche von 30.000 Quadratkilometern Land, rein um die materiellen Bedürfnisse der Bewohner zu befriedigen. Diese Fläche entspricht in etwa der Größe Belgiens. Eine Stadt von ähnlicher Größe in Indien benötigt im Vergleich nur circa ein Zehntel dieser Fläche. Bedingt wird dieser Effekt durch den größtenteils vegetarischen Ernährungsstil der Inder, sowie durch einen zurückhaltenderen Lebensstil (IISD - Urban Footprints).

Durch die allgemeine Urbanisierung wird unsere brenzlige Lage auf Mutter Erde nur noch problematischer. Durch all die ökologischen Nachteile der Cities, verschärft sich unser globales Umweltproblem. Ganz klar: Eine Lösung muss her!


Regenerative Urbanisierung

Das Stichwort für die Lösung der Probleme durch die weltweite Verstädterung nennt sich regenerative Urbanisierung. Was genau ist das & wie kann das Wörtchen 'regenerativ' die Probleme der konventionellen Urbanisierung lösen?

Laut Herbert Girardet muss die Stadt ihren linearen Stoffwechsel hinter sich lassen, und auf eine Kreislaufwirtschaft hinarbeiten. Wie er sich das vorstellt, siehst Du unten.

Es kann nicht sein, dass die Ressourcen, welche durch das städtische System fließen, ungefragt von deren Herkunft verbraucht werden und dann auch noch zusätzlicher Aufwand zur Entsorgung entsteht. Die Stadt stellt hohe Ressourcen-technische Anforderungen, ohne an die Erzeuger zu denken. Nach der Verarbeitung spuckt die Stadt diese Ressourcen in abgewerteter Form wieder aus & schert sich nicht um die Entsorgung oder bestenfalls die Weiter-Nutzung. Das geht nicht!

Laut Girardet besteht eine Herausforderung unserer Zeit darin, die städtischen Räume zu transformieren. Auch die Städte müssen sich in Richtung einer Kreislaufwirtschaft bewegen. Pflanzennährstoffe z.B. aus Lebensmittelresten müssen ins Ackerland zurückgebracht werden. Anfallende Kohlenstoffreste brauchen Rückführung in ihre Herkunft aus Böden und Wäldern. Erneuerbare Energie muss vor Ort erzeugt werden. Die städtische Landwirtschaft verlangt nach Wiederbelebung und generell muss eine nachhaltige Verbindung mit den ruralen Gebieten um die jeweilige Stadt etabliert werden. So lässt sich die Grundlage für eine lebensfähige, städtische Volkswirtschaft schaffen.


Zu Ende gedacht, stellt Herbie sich die Stadt der Zukunft dann folgendermaßen vor: Als ECOPOLIS.


Vereinen lassen sich all die oben genannten Grundlagen in dem Konzept der Ecopolis. Die umweltfreundliche Stadt. Mensch und Natur leben in harmonischer Balance, trotz hoher Produktionsstandards und flexibler Mobilität. Viele typisch ländliche Aktivitäten sollen wieder mehr ins Stadtleben Einzug halten. Die Stadt soll selbst Lebensmittel erzeugen. Durch Landwirtschaft in kleinerem Maßstab, wie z.B. Urban Gardening, kann sich eine Stadt lokal mit frischen Produkten versorgen. Die Beziehung zwischen Nahrung und Verbraucher verbessert sich dabei drastisch. Anstatt Innenstädte für Autos zu optimieren, gilt es durchgängige Radnetze zu schaffen und den Menschen an sich, wieder an oberste Priorität des städtischen Raums zu stellen. Durch Recycling von Müll und Materialien wird die Stadt zum Wohnraum ohne Verschmutzung und Müllansammlung. Durch diese effiziente Nutzung von Rohstoffen besteht zudem ein großes Potenzial an neuen Jobs. Die Wertschöpfungsketten werden verlängert und neue Berufszweige, zur Verwertung des Materials im Kreislauf, werden geschaffen. So lässt sich die Ressourcen-Effizienz der Stadt Schritt für Schritt verbessern, die Verschmutzung reduzieren und bestenfalls am Ende durch Verwendung von erneuerbarer Energie Klimaneutralität erreichen (Girardet - Regenerative Adelaide).


Im Allgemeinen lässt sich regenerative Urbanisierung auf drei Kernprinzipien herunterbrechen:


1) Die Menschen müssen eine umweltfreundliche, fürsorgliche Beziehung zwischen den Städten und den natürlichen Systemen, auf die sie angewiesen sind, entwickeln


2) Der Trend zu erneuerbarer Energie in menschlichen Siedlungen möglichst weltweit durchsetzen


3) Alte ökonomische Muster verlassen, um neue Chancen zu ergreifen und Lebensstile so zu verändern, dass Transformation auf verschiedensten Ebenen möglich wird



Umweltfreundliche Stadt schon jetzt - Adelaide

Zum Abschluss noch ein kleines Beispiel, das bereits Realität geworden ist: Die südaustralische Stadt Adelaide. Zu Anfang der 2000er Jahre bangte Adelaide um seine Wasserversorgung, da der Murray-Fluss, welcher die Stadt mit Frischwasser versorgt, von Jahr zu Jahr weniger Wasser führt. Der damalige Premier in Südaustralien sah dies als Anlass um die Frage der Nachhaltigkeit umfassender als bisher zu stellen. 2003 wurde deshalb Herbert Girardet eingeladen, um die Diskussion über eine regenerative Stadt und dazu passende Initiativen anzustoßen.

Gemeinsam mit Ideen aus der Bevölkerung in Adelaide, wurde dann von Girardet ein 32-Punkte Plan entworfen. Ziel: Veränderung der Umweltleistung von Südaustralien. Im nachfolgenden Jahrzehnt wurden viele dieser Punkte umgesetzt:

45% des Stroms in Südaustralien stammen jetzt aus regenerativen Quellen. Vorher wurde die gesamte Energie im Staat fossil erzeugt. Alle organischen Abfälle der Stadt werden recycelt und in die Stadtgärten, sowie in umliegendes Ackerland zurückgeführt. Die Bewässerung erfolgt ebenso mit wieder aufbereitetem Abwasser. Insgesamt wurden drei Millionen Bäume gepflanzt, um der Luftverschmutzung entgegenzuwirken. Die Stadt hat inzwischen ein eigenes 'Solar-Village' als Modell für die Erprobung neuer Technologien in der Energiebranche. Fußgängerwege und Radnetze verwandelten die Innenstadt, genauso wie neu gebaute Tramlinien. Adelaide, mit den berühmten Parklands im Zentrum, ist heute eine der fünf lebenswertesten Städte weltweit (Welt - Ranking: Lebenswerteste Städte).

Durch alle Maßnahmen konnte die Region Adelaide ihren CO2-Ausstoß seit 2003 um 20% senken. Das sind massive Einsparungen in einem doch recht kurzen Zeitraum. Das Konzept der umweltfreundlichen Stadtgestaltung zeigt also Wirkung.



Jetzt heißt es nur noch, die Konzepte der regenerativen Urbanisierung auf die restliche Welt zu übertragen. Lokalpolitiker und Stadtplaner müssen darauf aufmerksam werden. Die Transformation muss beginnen. Nur so schaffen wir den Weg in eine lebenswerte Zukunft und verbinden uns erneut mit unser aller Mutter, der Natur. Wollen wir auch zukünftig all die Vorzüge des städtischen Lebens genießen, müssen wir Anpassungen durchführen. Nur im Einklang kann die Menschheit eine dauerhafte Spezies werden und ihr Potential voll nutzen.


Vielen Dank für Deine Zeit.

Dir und Deiner Familie in diesen aufregenden Zeiten nur das Beste - Bleibt gesund!

Peace out & bis nächste Woche.

Yannis von RENEWS


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ZUM WEITERLESEN:

Auch in Deutschland wird bereits regenerative Urbanisierung betrieben - Solarsiedlung Freiburg: https://www.welt.de/sonderthemen/light-und-building/article126278178/Freiburgs-Solarsiedlung-als-Vorzeigeprojekt.html


Urban Gardening: So gelingt der Gemüseanbau im eigenen Zuhause (Utopia): https://utopia.de/galerien/urban-gardening-gemueseanbau-balkon/


Keinen Bock zu lesen? Video:Die Stadt von Morgen - Projekt Zukunft (DW):





Quelle 1: World Future Council - Herbert Girardet (2010): Regenerative Cities https://www.worldfuturecouncil.org/wp-content/uploads/2016/01/WFC_2010_Regenerative_Cities.pdf (30.03.2020)

Quelle 2: Ernst Ulrich von Weizsäcker/Anders Wijkman u. a.: Wir sind dran. Club of Rome: Der große Bericht; Gütersloher Verlagshaus 2017; Kapitel 1.7 & 3.6


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